Hauptberuflicher Abschied aus dem Galopprennsport
Nach 15 hauptberuflichen Jahren im Galopprennsport, wohl so die Hälfte meines Lebens, habe ich letzten Herbst angefangegen, mir einige Gedanken über die eigene Zukunft zu machen.
Und die liegt nicht mehr hauptberuflich in unserem Sport, schon gar nicht als Frau, da wurde von unserem Dachverband einiges versäumt in letzter Vergangenheit, was andere Länder vorgemacht haben.
Seit Jahren befindet sich der deutsche Galopprennsport systematisch in der Abwärtsspirale. Ein Ende ist für mich auf längere Zeit nicht in Sicht, ich denke man muss froh sein, wenn das bestehende Niveau auch nach Corona gehalten werden kann.
In der Zukunft wird es daher für mich wie letztes Jahr so aussehen, die ersten 10-15 der Statistik verdienen Geld, der Rest fällt hinten runter. Ich war noch nie jemand, der runtergefallen ist, ich konnte immer früh genug bremsen. Und ich sehe auf Dauer meine Zukunft nicht als „nur Arbeitsreiterin“, war ich noch nie, werde ich nie sein und da sehe ich auch keine Perspektive.
Mein Traum war es immer, einmal selbst Rennpferde zu trainieren, doch schon während meiner Ausbildung zur Perdewirtschaftmeisterin, in der ich als Abschlußarbeit das Thema „Neugründung und Führung eines Rennstalls“ inne hatte, wurde mir klar, in der heutigen Zeit wäre das wirtschaftlicher Selbstmord für jeden, der neu anfängt und darauf angewiesen ist, mindestens 20 Pferde ins Training zu bekommen.
Mit nun fast 32 Jahren ist es auch genau ein Alter, wo man noch etwas Neues beginnen kann, so kam bei mir erstmal die Idee, mich auch in anderen Berufsbildern und Laufbahnen zu bewerben. Der Lehrgang zum Pferdewirtschaftsmeister hat mir hier vieles neu vermittelt und auch zu neuem angespornt.
Ich habe einige Bewerbungen geschrieben, alle im öffentlichen Dienst und mein Gedanke war, mal schauen, was passiert. Wenn es klappt, kann ich im Jahr 2022 mit einer neuen Ausbildung beginnen und mich neu aufstellen.
Doch kam bereits jetzt, nach einigen schriftlichen Einstellungstests und während eines Vorstellungsgesprächs die Zusage, das ich bereits zum 01. April eine neue Tätigkeit im öffentlichen Dienst des Landes NRW beginnen kann.
Diese Chance, die sich mir früher als erwartet und unverhofft bietet, gehe daher voller Überzeugung an. Zumal ich über die ganzen Jahre im Galopprennsport viel habe entbehren müssen.
Ich habe es auf mich genommen, ich liebe diesen Beruf, ich liebe unsere Pferde und unseren Sport. Jahrelang habe ich mich durchgebissen, gekämpft, habe in den letzten Jahren die wohl bedeutensten Titel für die Amazonen gewonnen. Das waren nur einige unvergessene Momente, die vieles entlohnt haben. Nun ist es Zeit, ein wenig früher als angedacht, hauptberuflich Adieu zu sagen.
Der Schritt fällt mir schwer, aber auch leicht, in der heutigen Situation, oder der Situation, die seit Jahren immer mehr nach unten zeigt.
Ich habe mein halbes Leben im Galopprennsport verbracht, ich gebe zu, habe vor meinem Trainer gestanden und geheult, als ich ihm meine Entscheidung gesagt habe. Marcel ist ein toller Mensch, hat es vestanden. Danke Dir!!!
Ganz werde ich werde den Sport nicht verlassen, reite weiterhin meine Rennen, arbeite halt nur nicht mehr hauptberuflich im Galopprennsport und beim Rennstall Gestüt Auenquelle, das ich wirklich mit einem sehr weinenden Auge verlasse.
Ich möchte mich auf diesem Weg bei allen Weggefährten bedanken, bei den Trainern, für die ich gearbeitet habe, allen Besitzern, die mir die Treue gehalten haben.
Besonderer Dank geht an meinen Ausbilder Peter Rau und an meinen späteren Trainer und Förderer Andreas Löwe, die mich zur echten Rennreiterin geformt haben! Manchmal hättte ich beide am liebsten auf den Mond geschossen, aber liebe Lehrlinge im Rennsport, solche Lehrmeister, die benötigt man, um sich durch zu beißen und trotz aller Widerstände am Ball zu bleiben ;-)
Hr. Ellerbracke und Hr. Endres vom Gestüt Auenquelle, danke für die letzten 4 Jahre, die ich bei Ihnen sein durfte. Ich habe diese Zeit genossen und bin stolz, in diesem Team beim Stall Diana zum Besitzerchampionat 2020 mit beigetragen zu haben!
An alle Jockeys, an die wenigen hauptberuflichen Amazonen im Sport, alle Funktionäre, an die Amateure: Es war mir eine Freude und Ehre, hauptberuflich ein Teil von euch allen gewesen zu sein!